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Aufschrei einer Bäuerin

23. 02. 2017

Milchbäuerin Monika Hopper berichtet bei „BürgerEnergieStammtisch“ von fataler Lage auf den Höfen

Theresia Wildfeuer

Ruderting/Neuburg am Inn. Eindringlicher Appell einer frustrierten Bäuerin, Hoffnungsvolles aus dem Öko-Landbau und ein Angebot für Bauernfamilien: Der „BürgerEnergieStammtisch“ im Gasthaus Billinger in Sittenberg hat zum Thema „Energiewende und Landwirtschaft“ aufgezeigt, warum eine Umkehr in der Landwirtschaft notwendig ist und wie diese gelingt.

 

  „Das Bauernsterben geht weiter“

„Landwirtschaft heute ist wirtschaftlich problematisch. Das Bauernsterben geht weiter“, sagte Moderator Johannes Schmidt von der Katholischen Landvolkbewegung im Landkreis. Vom Frühjahr bis Dezember 2016 machten deutschlandweit 4000 Betriebe dicht. Die Gesellschaft erwarte von der Landwirtschaft eine Versorgung mit qualitativ hochwertigen Produkten, die umwelt- und klimafreundlich sowie gemäß dem Tierwohl erzeugt werden. Dies sei zu den Ramschpreisen in den Supermärkten aber nicht möglich. Die Bauern brauchten zum Beispiel 40 Cent pro Liter Milch, erhielten aber derzeit nur 22 Cent.


„2016 erforderte einen Aufschrei. Die betriebliche Situation als Milchbäuerin ist unerträglich geworden“, sagte Monika Hopper aus Neuburg am Inn. Sie erzählte von ihrem Hof, den sie mit ihrem Mann Alois führt, von übernommenen Schulden, teuren Rohstoffpreisen, dem Zukauf eines Milchkontingents und dem verlorenen finanziellen Einsatz nach der Abschaffung der Milchquote 2015. Sie berichtete auch von einem zehntägigen Milchstreik, bei dem sie gute Milch wegschüttete.


„Ich stehe auf, wenn die Ungerechtigkeit zu groß ist“, sagte Hopper. Anfang 2016 sank der Ferkelpreis in den Keller und die Familie beschloss das Aus für ihre Schweinezucht. Hopper nahm einen 450-Euro-Job bei der Caritas an. Das bedeutete einen 15-Stunden-Tag. Für Frauenbund, Chor und Hobbys blieb keine Zeit mehr. Dennoch habe sich angesichts des „freien Falls des Milchpreises“ die finanzielle Lage dramatisch zugespitzt, schilderte sie. Für die zwischenmenschlichen Beziehungen sei es eine Zerreißprobe gewesen.


„Seit 27 Monaten fällt der Milchpreis. Ich weiß, wie es sich anfühlt, erwürgt zu werden“, sagte Monika Hopper. Das Milchgeld sei nur mehr eine Demütigung. Sie schrieb Protest- und Brandbriefe, unter anderem an den Molkereichef von Goldsteig und an Aldi, um faire Preise einzufordern (die PNP berichtete). Von dem „Schwarze-Peter-Spiel“, den Verweisen auf das Überangebot am Milchmarkt oder dem Druck des Einzelhandels ist sie enttäuscht. Sie kritisiere die Empfehlung von AELF und Schulen „zu immer noch größeren Betrieben“ und machte den Bauern Mut, sich zu wehren.

 

  „Jeder zehnte Hof
ist am Ende“

Auch die Verbraucher können etwas tun: Sie riet, keine Milch unter einem Euro je Liter zu kaufen oder zur Biomilch zu greifen und „an der Supermarktkasse den Mund aufzumachen“. Ein Zuhörer pflichtete ihr bei: „Sie sprechen mir aus der Seele.“ Andere forderten, die Verbraucher besser aufzuklären, kritisierten die Politik oder appellierten an die Molkereien. Karl Tutsch vom KLB-Arbeitskreis Landwirtschaft riet, weniger zu produzieren und forderte Abgaben für Dünger-, Spritz- und Futtermittel aus dem Ausland.


Wie sich ein „guter Milchpreis“ erzielen lässt und Energiesparen möglich ist, präsentierte Biobauer Walter Dankesreiter aus Tiefenbach-Otterskirchen. Er trat ebenfalls für eine „Größenbremse“ für Höfe ein. Dankesreiter berichtete über seinen Betrieb, den er 1982 mit 15 Kühen als Pionier auf Ökolandbau umstellte. Er funktioniere nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Ein Zukauf von Pflanzenschutz- und Futtermitteln sei nicht nötig. Wichtig sei eine gute Fruchtfolge, zum Beispiel Kleegras zur Bodenaufbereitung. Chemische Mittel würden nicht gebraucht.


Zusammen mit Irmgard Paulik aus Tiefenbach, die in Kambodscha eine Montessorischule aufbaute, stellte Dankesreiter ein gemeinsames Projekt auf einer Farm in Kambodscha vor, um in das Reisland Vielfalt durch Öko-Landbau zu bringen.


Josef Gruber von der ländlichen Familienberatung der KLB in der Diözese Passau informierte unter dem Titel „Brennpunkt Bauernhof – Ein Beratungsangebot“ über Hilfen. Er begleitete bereits rund 1000 Bauernfamilien und bekommt ihre prekäre Lage hautnah zu spüren. „Jeder dritte Hof habe schwer zu kämpfen und jeder zehnte ist am Ende“, lautete seine „erschreckende Bilanz“. 100-Stunden-Wochen setzten den Menschen zu. Er spüre seelische Verwüstung und ständige Kränkungen. Landwirte gehörten zur Berufsgruppe mit der höchsten Suizidrate. Gruber leistet Beistand in schwierigen Zeiten. Seine Beratung ist gratis. Bauernfamilien können sich unter 08571/49 98 bei ihm melden.

BürgerEnergieStammtischDer „BürgerEnergieStammtisch“ trifft sich in der Regel jeden zweiten Dienstag im Monat und ist offen für alle. Dahinter stehen die Katholische Landvolkbewegung, die Katholische Erwachsenenbildung, der Bund Naturschutz, der Fachlexika-Service Käser, Energievision Pauli und die Klimaschutzbeauftragten des Landkreises, Peter Ranzinger, und der ILE-Gemeinden „Ilzerland“ und „Passauer Oberland“, Matthias Obermeier.

 

 

Bild zur Meldung: Aufschrei einer Bäuerin