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Schüler stolpern bewusst über Passauer NS-Geschichte

Ruderting, den 27. 07. 2017

Schüler stolpern bewusst über Passauer NS-Geschichte PNP-Bericht vom 27.07.2017

Dokumentation des „Erinnerungsprojekts Stolpersteine“ wurde am Gisela-Gymnasium präsentiert – Schüler erzählen die Geschichten der Opfer Johannes Munzinger
 

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Diesen Satz aus dem Talmud zitierte der Kölner Künstler Gunter Demnig beim Verlegen von 14 „Stolpersteinen“ in Passau vor zwei Jahren. Sie sollen die Erinnerung an die zumeist jüdischen Opfer des Nationalsozialismus am Leben halten und die Einzelschicksale und Namen aus den reinen Opferzahlen herausholen. Mehrere Passauer Jugend- und Schulverbände haben damals dabei geholfen, das Projekt umzusetzen. Jetzt wurde die Dokumentation – ein bebildertes Begleitheft zu den Stolpersteinen – am Gisela-Gymnasium übergeben und präsentiert. Dass die Wahl auf die Schule fiel hat symbolische Gründe.

Knapp 10 Zentimeter sind sie lang, breit und hoch, die „Stolpersteine“, die Demnig seit 1992 in ganz Europa verlegt. Passanten sollen beim Vorbeigehen über die Steine „stolpern“ und sich beim Runterblicken vor den Opfern gewissermaßen verneigen. Über 62 000 sind es mittlerweile in ganz Europa. Jeder ist einem Opfer des NS-Regimes gewidmet, angebracht werden die Steine vor dem letzten freiwillig gewählten Wohnort. Auf einer Messingplatte wird knapp und unerbittlich das Schicksal dieser Menschen erzählt, ob sie vertrieben oder ermordet wurden oder ob ihnen die Flucht gelang. Maria Höltl vom Stadtjugendring erklärt: „Das Projekt soll auch jüdische Familien, die zerrissen wurden, symbolisch wieder zusammenführen.“

Vier Stolpersteine finden sich in der Ludwigstraße 19 für Henriette Pick, ihre Töchter Lilly und Paula sowie den Pflegesohn Robert Weilheimer. Henriette und ihren Töchtern gelang 1938 die Flucht aus Deutschland, ihr Pflegesohn wurde verhaftet und 1942 in Treblinka ermordet.

Vor dem Haus Angerstraße 41 erinnern fünf Steine an die Familie Burian. Antisemitische Hetze vertrieb sie, die Eltern fanden den Tod im KZ in Kaunas, die Kindern schafften es in die USA.

Ebenfalls fünf Steine halten in der Nikolastraße 10 das Gedenken an die Familie Grünebaum aufrecht. Der Vater, Leopold, starb in der Nacht der Flucht 1940 an einem Herzinfarkt, die Mutter in Kaunas. Ihre drei Töchter überlebten den Holocaust.

Als Teil des Projekts spürten Schüler der Mittelschule St. Nikola, des Gisela-Gymnasiums, des Leopoldinums und Jugendliche des Bundes der Deutschen Katholischen und Evangelischen Jugend, unterstützt vom Stadtjugendring, den Lebensgeschichten der NS-Opfer nach, denen die 14 Passauer Stolpersteine gewidmet sind. Im nun vorgestellten Dokumentations-Heft kann man die von den Schülern erarbeiteten Geschichten nachlesen, daneben stehen weitere Informationen über das Projekt und das jüdische Leben in Passau.

Dass die Dokumentation stellvertretend für alle beteiligten Jugendlichen den Schülerinnen des Gisela-Gymnasium überreicht wurde, liegt an der Verbindung zu den Opfern: Rosa und Margot Grünebaum gingen hier zur Schule. „Es war uns auch ein persönliches Anliegen, ihre Geschichten aufzuarbeiten und Gedenken zu schaffen“, sagt Magdalena Sturm. Veronika Viehböck pflichtet bei und ergänzt: „Es ist immer besser, sich an konkreten Beispielen und Schicksalen zu orientieren. Dadurch bekommt man einen besseren Zugang zur Geschichte.“

„Die Schüler haben wunderbare Arbeit geleistet“, lautete der Tenor von Geschichtslehrer Thorsten Büttner und Florian Emmer, Vorsitzender des Stadtjugendrings. Höltl überreichte den Schülerinnen als Geschenk ein Bild von den „Stolpersteinen“ der Familie Grünebaum. Es soll schon bald an prominenter Stelle im Schulgebäude hängen.

 

Bild zur Meldung: Schüler stolpern bewusst über Passauer NS-Geschichte