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Das Auto mal stehen lassen

23. 04. 2019

Das Auto mal stehen lassen PNP-Bericht vom 22.04.2019

40 Tage lang hat PNP-Autorin Carolin Johannsen für das Klima ihr Verhalten überdacht – Die letzte Woche: Mobilität

Carolin Johannsen
Ruderting/Passau. Schnell, flexibel und praktisch ist es, mit dem Auto zu fahren. Ob zur Arbeit, zum Einkaufen oder für einen Ausflug: Gerade im ländlichen Bereich ist ein Auto unverzichtbar – aber gibt es wirklich keine Alternativen? In dieser letzten Woche meines Selbstversuches „Umdenken statt Fasten“ habe ich versucht, auf alternative Formen der Mobilität auszuweichen.

Deutschland liegt aktuell auf Platz sechs der Länder, die den größten Anteil am CO2-Ausstoß weltweit haben. Rund 20 Prozent der Emissionen entfallen auf den Transport, größer ist nur der Anteil der Wärmeerzeugung. Ich habe deshalb einmal nachgeschaut, wieviel CO2 ich persönlich durch Autofahren verursache: eine ganze Menge, wie sich zeigte.

Ein Mittelklasse-Pkw stößt pro Person pro Kilometer rund 150 Gramm CO2 aus – bei gleicher Strecke mit der Bahn sind es 40 Gramm, ein Elektro-Pkw kommt nur auf sieben Gramm pro Person. Zur Information habe ich ein Elektroauto ausprobiert und meinen eigenen Pkw so oft es ging stehen lassen. Zum Ende meines Selbstversuches hatte ich so noch einmal einen Höhepunkt angesichts der Herausforderung.

Tag 1
Nahezu geräuschlos rollt der weiße Kleinwagen über den Parkplatz. Das E-Auto gehört der Gemeinde Ruderting, es ist das Carsharing-Auto der Gemeinde, das Bürger und Verwaltung je nach Bedarf nutzen können. Seit 2015 gibt es in Ruderting – mit Ausnahme von 2018 – die Möglichkeit, ein Auto auszuleihen. „Dadurch muss man sich kein zweites Auto kaufen nur für Fahrten in die Stadt“, erklärt Bürgermeister Rudolf Müller. Das Wichtigste bei einem Auto sei doch „man kommt von A nach B“, sagt Müller. In den Städten sei das auch ohne Auto kein Problem, auf dem Land sei man es gewohnt, mit dem Auto zu fahren. Das Gemeinde-Auto, das jeder Rudertinger auch spontan online mieten kann, ist ein Elektroauto. „Das kann man an jeder E-Wald-Tankstelle kostenlos laden“, erklärt Bürgermeister Müller. So zahlt der Fahrer nur die 6 Euro für die Automiete.

„Gerade für die jungen Leute könnte das interessant sein“, sagt Müller. Er hat zu den 18. Geburtstagen von Rudertinger Jugendlichen Gutscheine für einen Tag Autonutzung verschenkt, damit diese „einfach mal ausprobieren, wie das E-Auto so ist“. Denn was man kenne, werde man sicher auch bei einer Kaufentscheidung im Hinterkopf haben, ist seine Einstellung.

Dass er damit nicht Unrecht hat, merke ich selbst bei der Fahrt mit dem Elektroauto. Es ist unglaublich leise, beschleunigt schneller als mein Benziner und fährt sich sehr angenehm.

Mit dem Carsharing-Auto ist er im Landkreis schon einen Schritt voraus, nur in Salzweg gibt es aus einem früheren Projekt mit der Firma E-Wald noch einen E-Carsharing-Wagen. Es ist ein guter Ersatz für einen Zweitwagen, für diejenigen, die sich für Elektrofahrzeuge interessieren, eine gute Probemöglichkeit. „Die E-Mobilität ist jetzt auf einem sehr guten Weg“, findet Rudolf Müller.

Tag 2
Zur Arbeit komme ich heute mit einem Kollegen. Da ich keine Außentermine habe, ist eine Fahrgemeinschaft möglich. Weil der Kollege in einer anderen Redaktion arbeitet, gehen unsere Arbeitszeiten allerdings etwas auseinander. Auf die Dauer wäre das, wenn ich wirklich viel schaffen will, leider nichts. Dafür ist es aber deutlich umweltfreundlicher, als wenn jeder von uns mit seinem eigenen Auto denselben Weg fahren würde.

Gerade im Journalismus ist es aber problematisch, nicht flexibel zu sein. Mal eben spontan einen Termin am anderen Ende des Landkreises einplanen geht dann nicht. Aber genau das muss einfach manchmal sein. Deswegen bin ich froh, dass dies heute nicht der Fall ist.

Tag 3
Wegen Terminen fahre ich heute mit dem Auto. Eigentlich wollte ich den Bus nehmen, dann wäre ich aber so lange unterwegs, dass ich länger auf der Straße als beim Termin wäre. Außerdem fährt dieser vom Medienzentrum leider nur jede Stunde ab, die letzte Abfahrt ist deutlich vor dem Ende meiner regulären Arbeitszeit.

Busfahren ist bei den Deutschen aber immer noch beliebt. Laut Statistik des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen von 2017 fahren 40 Prozent aller Fahrgäste im ÖPV mit dem Bus. Ich persönlich nehme sonst so oft es geht das Rad. Längere Strecken sind für mich mit der Bahn oft entspannter als mit dem Auto.

Rund 120 000 Pkw und Kombi fahren im Landkreis Passau. Davon sind zum Stichtag 31.12.2018 208 Elektrofahrzeuge, Tendenz steigend. Dies zeigt, dass das Umweltbewusstsein wächst. Andererseits: Über die Nachhaltigkeit von E-Autos lässt sich aktuell noch streiten. Im Laufe der Nutzung lässt die Kapazität der Batterien nach, geeignetes Recycling ist noch in der Planung. Dennoch: Durch die wegfallende Feinstaubbelastung und die Einsparung von Erdöl werden Elektroautos wohl die Zukunft sein.

Tag 4
Statt nochmal vor den Ostertagen einkaufen zu fahren, lasse ich an meinem freien Tag das Auto stehen und nutze die Gelegenheit, ausgiebig Spazieren zu gehen. Während in Japan das „Waldbaden“ als eine Art Heilmittel gegen Krankheiten gesehen wird, können wir uns wirklich glücklich schätzen, hier im Landkreis immer schnell im Grünen zu sein.

Gerade im Frühling ist es auch gut für den Vitamin-D-Speicher, sich in der Sonne und an der frischen Luft aufzuhalten. Zum Wandern gibt es hierfür eine Tourenübersicht auf der Seite passauer-land.de. Hier kann der Heimatort im Landkreis angegeben werden und der Tourenfinder schlägt Strecken in der Umgebung vor. Einmal im Monat wird je ein Wander- und Radweg empfohlen. Im April sind es der Vilstalradweg und der Wanderweg bei Burg Hilgartsberg. Auf dieser Strecke von rund fünf Kilometern hat man einen weiten Blick über Donau und Landschaft und kann außerdem die Burg besichtigen – all das ohne Auto, wenn man in der Umgebung wohnt. So fühlt es sich gar nicht wie eine große Einschränkung an, das Auto nicht zu nutzen.

Tag 5
Der Kurzstreckenflug übers Wochenende, mal eben nach Österreich zum Shoppen oder das Drittauto in der Garage, das nur alle paar Monate bewegt wird. Natürlich sind das die klimaschädlichsten Formen, die der Belastung durch Mobilität zugeordnet werden können, aber oft unterschätzt man auch die kleineren Auswirkungen der eigenen Mobilitätsgewohnheiten auf den ökologischen Fußabdruck.

Der ökologische Fußabdruck ist eine komplexe Modellrechnung, die berücksichtigt, welche und wie viele Ressourcen jeder Einzelne verbraucht. Im Internet klicke ich mich durch mehrere dieser Rechner, beantworte Fragen zu verschiedenen Themen und bekomme mehrmals ähnliche Ergebnisse: Trotz meiner inzwischen viel bewussteren Lebensweise lebe ich – unter anderem wegen meines Autos – über die Verhältnisse. Das ist irgendwie erschreckend, motiviert mich aber, weiter umzudenken.

Tag 6
Jetzt ist es geschafft: Mit der morgigen Osternacht endet die Fastenzeit und somit auch mein Klimafasten-Selbstversuch. Ein wenig erleichtert bin ich schon, da die Einschränkung an einigen Tagen doch sehr stark war. Der Tag ohne Strom, der Versuch, kein Plastik zu verbrauchen, der ausschließlich regional-saisonale Einkauf, das Wassersparen und die Zeit ohne Social Media haben mir doch gezeigt, wie sehr einige klimaschädliche Gewohnheiten doch im Alltag verankert sind.

Im Nachhinein werde ich deshalb einige neue Aspekte auch für die Zukunft übernehmen. Nicht alles, nicht immer, aber immerhin etwas mehr als zuvor. Schließlich stand mein Selbstversuch unter dem Thema „Umdenken statt Fasten“ und ich bin eben auch nicht perfekt.

 

Bild zur Meldung: Das Auto mal stehen lassen