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Kalte Nahwärme für Ruderting?

Ruderting, den 20. 08. 2018

Kalte Nahwärme für Ruderting?

Nachhaltige Wärmeversorgung für Neubaugebiete Thema beim Bürgerenergiestammtisch

Theresia Wildfeuer

Ruderting. Weniger Wärmeverluste, mehr Energieeinsparung, geringere Treibhausemissionen: Unter dem Titel „Kalte Nahwärme – ein gegensätzlicher Begriff mit großen Potenzialen“ hat Energiemanager Markus Killinger von der Nigl und Mader GmbH beim Bürgerenergiestammtisch (BEST) Sittenberg im Gasthaus Billinger die Chancen des Wärmenetzes 4.0 für den Klimaschutz aufgezeigt, das mit geringen Temperaturen zwischen acht und 25 Grad Celsius auskommt. Über positive Erfahrungen mit dem Nahwärmenetz Witzmannsberg berichtete Mitbetreiber und Wärmenutzer Thomas Mader. Die Modelle eignen sich dem BEST zufolge dafür, eine nachhaltige Klimawende einzuläuten, etwa im neuen Rudertinger Baugebiet in Reisach.


Hinter dem Begriff Nahwärme verberge sich die Versorgung eines Ortes, einer Wohnsiedlung oder eines Gewerbegebiets mit Wärme aus einer zentralen Heizanlage, erläuterte Markus Killinger. Die Wärmeverteilung erfolge über kurze Strecken. Bei der kalten Nahwärme werde die Energie direkt über ein Niedrigsttemperaturnetz von fünf bis 30 Grad Celsius zu den Verbrauchern geleitet, um die angeschlossenen Häuser damit zu beheizen. Die Heizzentrale sei nicht mehr nötig und fungiere nur noch als Steuerzentrale.


Die Energie für die kalte Nahwärme komme aus alternativen Energiequellen, etwa von der Sonne über eine Solarthermie, der Erdwärme, der Abwärme eines Betriebs, aus dem Grund- oder Abwasser, sagte Killinger. Es sei möglich, mit einer Vorlauftemperatur von 30 Grad Celsius ein Gebäude zu beheizen, etwa durch Flächenheizung. Betrage die Vorlauftemperatur weniger als 25 Grad, könne man diese mit Hilfe einer Wärmepumpe anheben.


Killinger sah viele Vorteile der kalten Nahwärme. Für ein Niedertemperaturnetz von zehn Grad Celsius sprächen die geringen Wärmeverluste von zwei Prozent. Kalte Nahwärme verursache geringere Treibhausgasemissionen, rechnete er vor. Der jährliche Primärenergiebedarf betrage 765 kWh. Ein Hochtemperaturnetz verursache einen Mehrdarf von zehn bis 50 Prozent, da der Primärenergiebedarf bei 90 Grad Celsius 1541 kWh beträgt. Bei Gas als Energieträger würden 52 Prozent mehr an Energie benötigt. Kalte Nahwärme ermögliche zudem Kühlung in den Sommermonaten und steigere den Wirkungsgrad von Wärmepumpen. Killinger plädierte dafür, in Neubaugebieten kalte Nahwärme einzusetzen. Es sei sinnvoller, da aufgrund der Energieeinsparverordnung (EnEV) der Bundesregierung die Wirtschaftlichkeit von Hochtemperaturnetzen sinke. Die Investitionskosten bei der kalten Nahwärme reduzierten sich um 20 Prozent. Nachhaltige Wärmenetze würden staatlich gefördert.


Auf die Frage des Rudertinger Bürgermeisters Rudolf Müller, wie man die Eigentümer von 30 Parzellen eines Baugebiets dafür gewinnen könne, sich anzuschließen, verwies Killinger auf die Kosteneffizienz. Auch Hitzeschutz werde immer wichtiger. Kalte Nahwärme werde in Troisdorf und Dollnstein im Altmühltal umgesetzt, sagte Peter Ranzinger, Klimabeauftragter des Landkreises. Die Politik gebe diesen Weg mit dem neuen Klimaschutzkonzept 2050 vor, betonte Josef Pauli vom BEST. Bei der kalten Nahwärme handle es sich um die Elektrifizierung der Wärmeversorgung. Sie lasse sich mit Hilfe von Wärmepumpen sinnvoll realisieren.


Mitbetreiber und Wärmenutzer Thomas Mader, Geschäftsführer von Nigl und Mader, zog eine positive Bilanz über das private Nahwärmenetz Witzmannsberg. Die Idee sei vor zehn Jahren entstanden, um ein Nahwärmenetz zur Wärmeversorgung naher Gebäude zu schaffen. Man habe 2009 eine „kleine Lösung“ mit zwei Bestandsgebäuden, einem Neubau und einem geplanten neuen Haus realisiert, da sich nicht alle Bauleute aus dem neu ausgewiesenen Siedlungsgebiet beteiligen wollten, aber weitere Anschließer gesucht. Der Endausbau sei mit acht Anschlussnehmern gelungen. Das Nahwärmenetz, das über eine einfache Hackschnitzelanlage versorgt wird, liefere 90 kW für acht Häuser. Wer Wärme benötigt, erhalte sie. Es habe sich eine Interessengemeinschaft gegründet, die Aufgaben ver- und die Kosten geteilt. Insgesamt seien 155 000 Euro investiert worden. Es habe 20 000 Euro an Fördergeld gegeben. Als Vorteile nannte Mader günstiges Heizen mit nachwachsendem Rohstoff, geringem Aufwand und Transparenz. Das sei für alle ein Gewinn und könne ein Modell für Ruderting sein.
Das sah auch Peter Ranzinger so. Es müssten sich nicht alle 30 Eigentümer eines Neubaugebiets anschließen, aber vielleicht gäbe es Idealisten wie in Witzmannsberg. Wenn sich einige zusammen schließen, könne es positiv sein, fand auch Josef Pauli. Er habe bis dato keine Klagen über das Nahwärmenetz gehört, sagte der Witzmannsberger Bürgermeister Josef Schuh. „Wir müssen hier noch mutiger werden und voranschreiten, weil wir in der Energiewendezeit sind“, sagte Schmidt.

 

Bild zur Meldung: Kalte Nahwärme für Ruderting