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Energiestammtisch Umkehr dringend nötig

Ruderting, den 12. 11. 2018

Energiestammtisch: Umkehr dringend nötig PNP-Bericht vom 10.11.2018

Professor Michael Schrödl warnt vor globalem Artensterben

 

Klimawandel, Versauerung, Erwärmung der Meere, Zerstörung von Lebensräumen, nicht wieder gutzumachende Überschreitung von Grenzen – mit einem aufrüttelnden Vortrag unter dem Titel „Mensch, ändere dich, damit aus Biodiversität nicht Biodiversitot wird“ hat Professor Dr. Michael Schrödl von der LMU und der Zoologischen Staatssammlung München auf das dramatische Artensterben aufmerksam gemacht und ein Senken des CO2-Ausstoßes gefordert.

Eingeladen zu dem nachdenklich stimmenden Abend hatte der BürgerEnergiestammtisch (BESt) Sittenberg. „Es gibt keinen Planeten B“, sagte Johannes Schmidt, Kreisvorsitzender der KLB, die den BESt mit Bund Naturschutz, KEB, Energievision Pauli, Fachlexika Käser, den Klimaschutzbeauftragten von Landkreis und ILE-Gemeinden trägt. Er rief den Appell des Weltklimarats in Erinnerung, der forderte, endlich zu handeln, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Die Artenvielfalt wandelt sich noch schneller als das Klima“, warnte Professor Michael Schrödl. Er riet, den Blick der Kinder und Enkel einzunehmen, sie müssten mit dem leben, „was wir so produzieren“. Denn „wir befinden uns im sechsten globalen Artensterben“, sagte Schrödl, der sich auf Schnecken spezialisierte, um anhand von Stammbäumen die Evolution zu „lesen“. Der Forscher betonte die Bedeutung der Taxonomie, des wissenschaftlichen Bestimmens und Beschreibens von Organismen etwa auf Basis von DNA-Sequenzen, um diese für alle schützenswert zu machen.
„Wenn sich die Umweltbedingungen lokal ändern, stirbt meist schon mindestens eine Tierart aus.“ Auch das zeigten die Forschungen, die genau darin ihren Wert hätten. Mit Beispielen aus den Tropen führte er vor Augen, wie erschütternd schnell die Korallenbleiche voranschreitet. Den Meeren setzten zudem Gifte, Dreck und Plastik zu.
„Es ist so gut wie sicher, dass sich die Welt wandelt“, sagte Schrödl. Die offizielle Prognose, dass bis 2050 ein Rückgang der heimischen Arten um 30 Prozent zu erwarten ist, sei schlimm, aber nicht mehr richtig. Über 60 Prozent der Molluskenarten seien jetzt schon gefährdet. Hauptgrund für den Artenschwund sei die Zerstörung von Lebensräumen. Es gebe kaum mehr Tümpel, Steinhaufen und Moore. Die Flurbereinigung habe die Landschaft von Hecken „befreit“.
„Verlierer des Insektensterbens sind wir alle“, sagte Schrödl. Erheblichen Schaden richteten bei den Tieren Spritzmittel an. Auch wenn die Pestizidmenge konstant bleibt, die Potenz der Neo-nikotinoide, die den Bienen zusetzen, sei 1000-fach höher. Pflanzen würden den Insektizidcocktail vertragen, Kleintierchen nicht.
„Futsch ist futsch“, sagte Schrödl. Das Artensterben sei bereits 2009 als übelste Überschreitung der planetarischen Grenzen erkannt worden. Doch die Politik schweige. Ganze Ökosysteme würden sterben. Dies habe Konsequenzen für alle. In der Tierwelt finde gerade das sechste große Massensterben statt. Denn auch der tropische Regenwald schrumpfe. Die Folge seien Vertrocknungen. Örtlich bis zu 95 Prozent der Regenwaldfläche seien schon weg und mit ihr viele Arten, um den Hunger nach Soja und Fischmehl aus Südamerika für die Fleischproduktion oder nach Palmöl aus Malaysia für den Biodiesel zu stillen. Schuld seien weder Landwirte noch jene, die bei McDonalds essen.
„Unser System ist krank. Wir sind eine Plage für die Welt geworden“, sagte Schrödl. Kleinbauern, Konsumenten und die Artenvielfalt blieben auf der Strecke. Er mahnte, die Landwirtschaft auf Nachhaltigkeit umzustellen und fossile Energie zu vermeiden. Eine Umkehr sei dringend nötig, denn es gebe „Kipppunkte“ im Klimasystem, warnte der Wissenschaftler. „Worauf wir zusteuern, ist bekannt und es passiert nichts“, sagte Schrödl. Taut der Permafrost auf, werde das Klimagas Methan frei und die Erderwärmung noch stärker. Dann gebe es kein Zurück mehr. Schrödl trat für einen Sinnes- und Wertewandel ein. Der CO2-Ausstoß müsse sinken, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Doch Deutschland fühle sich an die Klimaziele nicht gebunden. Konkret riet er, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu berechnen und zu verringern. In der regen Diskussion ging es darum, was man sofort dafür tun kann. „Aufgeben gilt nicht“, waren sich Zuhörer und Referent einig. tw

 

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