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Leben mit Demenz-Kranken

Ruderting, den 05. 06. 2019

Leben mit Demenz-Kranken     PNP-Bericht vom 05.06.2019

 

Treffen der ILE „Passauer Oberland“ informiert über Symptome der Krankheit und Hilfen

Ruderting. Wertvolle Informationen zu einem würdevollen Umgang mit Menschen mit Demenz und Hilfen für pflegende Angehörige hat ein Vernetzungstreffen der ILE „Passauer Oberland“ unter dem Thema „Demenz erkennen – mit Demenz leben“ aufgezeigt, zu dem 50 Zuhörer, darunter pflegende Angehörige, Betreuer und Seniorenvertreter in den Schätzlhof kamen.

Demenz könne jede und jeden im privaten Umfeld treffen, sagte Bürgermeister Rudolf Müller. Mit ILE-Projektmanagerin Gabriele Bergmann und dem Witzmannsberger Bürgermeister Josef Schuh, der mit Müller das ILE-Handlungsfeld Demographie betreut, sowie dem Fachbereich Gemeindecaritas der Caritas Passau hatte er zu dem Info-Nachmittag eingeladen. Es handle sich um ein Thema, das alle bewegt, fand er.

Dr. Thomas Motzek-Noé, Facharzt für Neurologie am Klinikum Passau, informierte über Ursachen und Symptome. Demenz sei ein krankhafter Abbau des Gehirns im Alter. 40 Prozent der über 85-Jährigen litten darunter. Die Krankheit beeinträchtige das Gedächtnis. Die Lernfähigkeit nehme ab. Es handle sich um einen schleichenden Prozess. Kurz zurückliegende Gedächtnisinhalte würden vergessen. Ältere Erinnerungen blieben erhalten. Demenz gehe mit Orientierungsstörungen einher. Auch Fähigkeiten wie das selbständige Essen gingen verloren. Zudem änderten sich Verhalten und Stimmung. Erkrankte reagierten gereizt, zögen sich zurück. Weitere Zeichen seien ein „Kleben am Partner“ sowie innerliches Abschalten, Antriebsverlust und Ängste. Wichtig sei, die Erkrankten nicht vorzuführen, betonte der Mediziner. Demenz sei nicht heilbar, nur mit Hilfe von Hemmstoffen zu verzögern.

Hilfreich sei, die Patienten in ihrer gewohnten Umgebung zu belassen. Die körperliche und seelische Belastung für Angehörige, die rund um die Uhr gebunden sind, sei groß. Er appellierte, Hilfe in Anspruch zu nehmen, von Pflegediensten oder Heimen. Bei aggressivem Verhalten der Betroffenen riet er, abzulenken. Körperkontakt könne beruhigen.

Wichtig sei, Demenz als Krankheit zu erkennen und nicht als Bosheit, sagte Paul Ilg, ehemaliger pflegender Angehöriger, der die Aussagen des Arztes aus der Praxis bestätigte. Er berichtete „aus dem Leben mit einer Demenzpatientin“ und gab Tipps für Angehörige. Seine Frau, die er fünf Jahre pflegte, sei plötzlich eine andere geworden, erzählte Ilg. Anfangs habe sie noch Defizite realisiert und überspielt. Die Krankheit gehe mit einem zunehmenden Verlust der Selbständigkeit einher. Dies habe immense Folgen für die Angehörigen. So habe er Kochen gelernt, immer mehr im Haushalt übernommen. Auch ihr Sicherheitsgefühl habe nachgelassen. Ilg legte den Zuhörern ans Herz, alle Hilfsmittel aus den Sanitätshäusern bei der Pflege in Anspruch zu nehmen. Betroffene brauchten vermehrte Zuwendung. Diese sei das beste Heilmittel. Er empfahl, soziale Kontakte weiter zu pflegen. Seine Frau habe weiterhin Veranstaltungen des Frauenbunds, das Frauenturnen und sogar einen Englischkurs besucht. Er empfahl, Freunde und Bekannte zu informieren, Demenzkranke nicht zu verstecken. Dies erleichtere vieles. Er mahnte, auf die eigene Gesundheit zu achten, sich Auszeiten zu nehmen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, dies gelte besonders auch für demenzkranke Menschen.

Diese Grundhaltung sei in die ILE mit hineinzunehmen, sagte Moderator Konrad Haberger. Er betonte die „qualitative Demenz“. Es gelte, in den Blick zu nehmen, wie es anderen geht. Er stellte die Selbsthilfegruppe „Du bist nicht allein“ vor, die Ilg leitet. Sie treffe sich ein Mal im Monat zu Fachvorträgen, spirituellem Impuls und Erfahrungsaustausch unter Gleichbetroffenen. Dies tue den Teilnehmern gut. Es gebe zudem weitere Unterstützer. Zu ihnen zählt Ursula Sendlinger von der Caritas. Diese biete pflegenden Angehörigen kostenlose Beratung an. Sendlinger stellte das Betreuungsangebot der Caritas vor.

In der Diskussion ging es um juristische Aspekte. Ein Teilnehmer fragte, wie man Angehörige und Menschen mit Demenz vor Haustürgeschäften und Drückerbanden schützen kann. Ohne rechtliche Betreuung seien Haustürgeschäfte bindend, sagte Dr. Motzek-Noé. Er riet, eine rechtliche Betreuung einzurichten und sie beim Amtsgericht zu beantragen. Auf die Frage, ob man Demenzkranke angesichts des Drangs zum Weglaufen mithilfe eines Chips überwachen dürfe, verwies er auf die moderne Technik, etwa eine Uhr mit Ortungsfunktion. Nicht minder einfach sei das Thema Autofahren, sagte er zu einer Teilnehmerin. Als Arzt müsse er es Demenzkranken verbieten. Umsetzen müssten es die Angehörigen. Demenzpatienten verlernten am Ende das Essen und Schlucken, verlören Hunger- und Durstgefühl, antwortete der Mediziner auf eine weitere Frage. Hier setze der Sterbeprozess ein. Er wandte sich dagegen, in diesen mit Hilfe einer Ernährungssonde einzugreifen. tw

 

Bild zur Meldung: Leben mit Demenz-Kranken