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Weihnachtssitzung gipfelt im Eklat

Ruderting, den 03. 01. 2018

Weihnachtssitzung gipfelt im Eklat PNP-Bericht vom 23.12.2017

Rudertinger Gemeinderat streitet erneut über Informationspolitik des Bürgermeisters – Patt bei Abstimmung – Nun ist die Rechtsaufsicht am Zug

 

Sabine Kain. Eigentlich war alles angerichtet für eine gemütliche Weihnachtssitzung des Gemeinderats. Im Sitzungssaal stand ein Deko-Christbaum, die Tagesordnung war kurz und man traf sich eine halbe Stunde eher als sonst, schließlich wollte das Gremium danach gemeinsam essen gehen. Doch aus dem Weihnachtsfrieden wurde nichts. Das deutete sich schon an, bevor der Bürgermeister die Sitzung eröffnete.

Rupert Veit (FW) wollte Punkt vier der Tagesordnung streichen. Der sah eine erneute Behandlung eines gemeinsamen Antrags der Freien Wähler und der „Bürger für Ruderting“ vor, der bereits im August für Aufregung sorgte. Weil sie mit der Informationspolitik von Bürgermeister Rudolf Müller unzufrieden sind, hatten die Fraktionen beantragt, die Geschäftsordnung des Gemeinderats zu ändern. Damit wollten sie Müller dazu verpflichten, vor den Sitzungen nicht nur die Tagesordnung, sondern auch schriftliche Erläuterungen zur Verfügung zu stellen.

 

Brief der Rechtsaufsicht wurde nicht ausgehändigt

 

Noch vor der August-Sitzung hatte Müller den Fraktionsführern mitgeteilt, dass die Rechtsaufsicht am Landratsamt seine Sicht bestätige: Der Gemeinderat kann den Bürgermeister nicht dazu zwingen. Die Fraktionen brachten den Antrag trotzdem ein; es folgten eine energische Beratung und eine Abstimmung, die mit 8:6 für den Antrag ausging. Doch Müller setzte den Beschluss aus und schaltete erneut die Rechtsaufsicht ein. Nun nahm er das Thema wieder auf die Tagesordnung – um den Beschluss vom August aufheben zu lassen.

Laut Rechtsaufsicht sei der Antrag der beiden Fraktionen durch die bisherige Regelung in der Geschäftsordnung bereits „inhaltlich voll abgedeckt“, der Antrag damit „materiell erledigt“, las Müller im Eiltempo aus dem Schreiben vom 1. Dezember vor, das er mittels Beamer auf die Leinwand im Sitzungssaal projizierte. „Ausschließlich“ der Bürgermeister bestimme den Umfang der Sitzungsunterlagen. Der Beschluss vom August sei „aufzuheben“. Über diese Auskunft der Rechtsaufsicht habe er die Fraktionsführer bereits informiert, betonte Müller.

Die regelmäßigen Runden mit den Fraktionsspitzen hat Müller kürzlich eingeführt. Ein Schritt, den BfR-Sprecher Ludwig Kolbeck begrüßte: „Das ist positiv zu sehen, ein neuer Weg.“ Das sehe auch FW-Sprecher Alois Bredl so, sagte er über seinen Kollegen, der am Donnerstag nicht anwesend war. Doch mit dem Verlauf der jüngsten Runde war Kolbeck nicht glücklich. Man habe mit einem Kompromiss die „Kuh vom Eis holen“ wollen, erzählte er. Doch der Bürgermeister habe nicht nachgegeben. Das neueste Schreiben der Rechtsaufsicht habe er den Fraktionen trotz Nachfrage nicht zur Verfügung gestellt. Am Donnerstagabend sahen die Gemeinderäte den Brief zum ersten Mal. So könne man das nicht beurteilen, klagte Kolbeck und kündigte an: Seine Fraktion werde einer Aufhebung des August-Beschlusses nicht zustimmen.

Eigentlich wollte Kolbeck keine Debatte lostreten, damit der Gemeinderat nicht wieder zur „Lachnummer“ werde. Doch seine Äußerungen ließ Markus Krenn (CSU) nicht unkommentiert: „Das ist unter der Gürtellinie, Ludwig“, entgegnete er. Das löste erste Empörungsäußerungen in Reihen der BfR und FW aus. Und Krenn setzte nach: „Wir haben eine Stellungnahme, dass der Antrag nicht rechtens ist. Jetzt muss man so viel Charakter und Mumm haben, ihn zurückzuziehen“, sagte er zu Kolbeck.

Bevor BfR und FW Krenns Attacke etwas entgegenhalten konnten, stellte 2. Bürgermeister Hans Streifinger (CSU) einen Antrag zur Geschäftsordnung. Sein Ziel: die sofortige Beendigung der Diskussion. Es gebe keine neuen Erkenntnisse, begründete er dies und hielt den Fraktionen vor: „Ihr sitzt in der Schmollecke.“

Da entglitt die Diskussion vollends. „Unverschämtheit!“, entrüstete sich Gertraud Schultes (BfR). Fraktionskollegin Eva Maria Fuchs meldete sich vergeblich zu Wort. Müller rief sie „zur Ordnung“ und ließ über Streifingers Antrag abstimmen. Daraufhin wandte sich Fuchs empört an ihre Mitstreiter: „Ich würde sagen, wir gehen jetzt.“ Sie blieben. Die CSU stimmte für den Vorschlag des 2. Bürgermeisters, der Rest dagegen. Die Abstimmung endete 8:8 und der Schlagabtausch ging weiter.

 

Du bist nicht gewillt, uns sauber zu informieren“

 

Es war Gertraud Schultes, die Müller mit bebender Stimme aufforderte: „Die Rechtsaufsicht darf nur einschreiten, wenn etwas rechtswidrig war. War unser Antrag rechtswidrig? Ja oder nein?“ Der Bürgermeister ging darauf nicht ein, sondern verschanzte sich hinter dem Schreiben aus dem Landratsamt, das er „zum dritten Mal“ vorlas. Doch darin ist von der Aufhebung des Beschlusses im Konjunktiv die Rede. Schultes sah dies als Empfehlung, nicht als Notwendigkeit.

Schließlich platzte Rupert Veit der Kragen: Dass der Bürgermeister das Schreiben vorab nicht herausgegeben habe, beweise, „dass du nicht gewillt bist, den Gemeinderat sauber zu informieren. Das trägt nicht zur Vertrauensbildung bei“, kritisierte er und legte nach: „Das soll nur Unruhe in die Weihnachtssitzung bringen.“ Müller wies „diese Unterstellung“ zurück. Er habe die Angelegenheit in diesem Jahr abschließen wollen. Und schon im Juli habe er den Fraktionsführern die Problematik erläutert, „aber hat das was gebracht?“, fragte er provokativ.

Fuchs wagte noch einen Anlauf: „Wir waren der Meinung, dass Sie uns besser informieren könnten“, erklärte sie Müller den Grund des Antrags, den er genauso gut als „Bitte“ verstehen könne. „Kommen Sie uns ein bisschen entgegen“, bat sie, jedoch ohne Wirkung. Zunächst müsse der Antrag erledigt werden, sagte Müller. Auf die „Bitte“ ging er daher nicht ein.

So war es erneut Streifinger, der eine Abstimmung zur Aufhebung des Beschlusses forderte – und bekam. Sie endete abermals 8:8. „Damit geht die Sache zur Rechtsaufsicht retour“, schloss Müller Tagesordnungspunkt vier der Weihnachtssitzung genervt ab.

 

Bürgermeister fühlt sich „missverstanden“

 

Auch am Tag nach der Eskalation war Rudolf Müller noch in Fahrt. Auf PNP-Nachfrage schilderte er gut zwei Stunden lang seine Sicht der Dinge. Er fühle sich „missverstanden“.

Warum der Bürgermeister nur das rechtlich Notwendige an Information verschickt? „Weil man mir das Vertrauen nicht schenkt, von Anfang an nicht“, klagt er. Und: „Als der Gemeinderat noch meine Sitzungsvorbereitung bekommen hat, wurde das dreimal – in Anführungszeichen – missbraucht.“ Gemeinderäte hätten auf eigene Faust Nachfragen bei Experten angestellt – nur nicht bei ihm, stellt er fest. Er habe dies angesprochen, es habe sich nichts geändert, also habe er Konsequenzen gezogen.

Das heiße aber nicht, dass er nicht informiere, betont Müller: Als im Juni der Antrag von BfR und FW einging, habe er angefangen, zu Fraktionsführerrunden einzuladen. Über 70 E-Mails habe er heuer schon an die Räte verschickt. Zwei Infofahrten, die er jüngst organisierte, wurden so gut wie nicht besucht. Sein Vorgehen bei den Sitzungsvorlagen orientiere sich strikt an Recht und Gesetz, macht Müller deutlich. „Die Information war meines Erachtens immer ausreichend und umfassend“, sagt er und verweist auf seine Erfahrung als Geschäftsleiter der Gemeinde Fürstenstein.

Als Bürgermeister ist Müller seit 2014 jedoch nicht nur Verwaltungschef, sondern auch Politiker. Und er räumt ein: „Ich bin ein politischer Youngster und ein schlechter Diplomat. Ob ich das noch lernen will, ...“ Diesen Satz beendet er nicht. Dafür sagt er, was ihn an der Politik stört: Zähe Debatten fressen für sein Dafürhalten zu viel Zeit, halten auf. Die „Gaudi“ vom Donnerstag habe ihn zum Beispiel vor und nach der Sitzung viel Arbeitszeit gekostet. „Diese vertane Zeit für Dinge, bei denen wir uns mit uns selbst beschäftigen, würde ich gern sinnvoller verwenden.“ Denn: „Mir liegt ausschließlich daran, dass Ruderting vorankommt.“ Dass sich das „gestörte Vertrauensverhältnis“ bis zum Ende der Amtsperiode im Jahr 2020 beheben lässt, glaubt er nicht. ska/Foto: Archiv PNP

 

 

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