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Seit 100 Tagen eine Stimme für die Armen

Ruderting, den 01. 02. 2018

Seit 100 Tagen eine Stimme für die Armen PNP-Bericht vom 31.01.2018

Die Rudertingerin Barbara Schmidt leitet Misereor Bayern – Ziele: Lobbyarbeit und Hilfe zur Selbsthilfe – Eröffnung der Fastenaktion am 18. Februar

 

Theresia Wildfeuer. Für eine gerechtere Welt setzt sich Barbara Schmidt schon lange ein. Jetzt steht die 33-jährige studierte Theologin an der Spitze der Misereor-Arbeitsstelle Bayern: Die neue Aufgabe, die Barbara J. Th. Schmidt seit Mitte September 2017 ausübt, ermöglicht es ihr, Lobbyarbeit für Arme und Unterdrückte in aller Welt sowie Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. „Es ist für mich eine Traumstelle“, erzählt die junge Frau, die in Sittenberg bei Ruderting aufgewachsen ist.

Als Leiterin der Arbeitsstelle Bayern des Bischöflichen Hilfswerks Misereor ist sie als Theologin und ausgebildete Trainerin für gewaltfreie Konfliktbearbeitung und transkulturelles Lernen zugleich gefordert: „Ich kann Bildungsarbeit leisten, was ich gerne mache, Mystik und Politik verbinden, dem Glauben Taten folgen lassen“, beschreibt sie ihre Arbeit.

 

Die 33-Jährige hat ihren Traumjob gefunden

 

Das Christentum hat für Barbara Schmidt auch eine politische Dimension: „Spiritualität schlägt sich im praktischen Tun nieder und hat Konsequenzen für das Handeln – sich für Armgemachte und Benachteiligte einzusetzen, an einer besseren, gerechteren Welt und lebenswerten Zukunft mitzuarbeiten.“

Sehr wichtig ist für Barbara Schmidt der Auftrag von Gründer Kardinal Joseph Frings an Misereor, „den Mächtigen ins Gewissen zu reden“. Denn: „Die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Kirchen sind Entscheidungsträger und Gestalter. Auch jede und jeder Einzelne hat als Bürger, Konsument, Arbeitnehmer, Unternehmer oder Christ Einfluss. Wenn wir uns zusammentun, können wir etwas erreichen“, sagt die 33-jährige Rudertingerin, die schon als Jugendliche aufhorchen ließ – etwa mit sozialkritischen Texten zur Herbergsuche bei der Sittenberger Dorfweihnacht.

Barbara Schmidt hat in den rund 100 Tagen, in denen sie ihr neues Amt nun ausübt, die Vielfalt ihrer Arbeit zu schätzen gelernt. Sie traf engagierte Menschen, hielt Vorträge, besuchte Bildungsveranstaltungen und gastierte mit einem Seminar zum Thema „globale Gerechtigkeit“ an der Stiftungsfachhochschule München. Bei Misereor kann sie die Welt ein Stück besser machen: Das Werk für Entwicklungszusammenarbeit leistet weltweit Hilfe zur Selbsthilfe. „Solidarität und Gerechtigkeit sind Leitworte. Projekte, die vermitteln, wie man sich für seine Rechte einsetzen kann, sind wichtige Anliegen.“

Und das führte sie bereits nach Indien, um Projekte der diesjährigen Fastenaktion von Misereor zum Thema „Heute schon die Welt verändert?“ zu besuchen. Zum Beispiel den Bau eines Bewässerungssystems im westindischen Bundesland Maharashtra, den die Dörfer selbst in die Hand nehmen, die Zisternen und Rückhaltebecken errichten und so ihre Existenz sichern. „Hier wird Arbeit geleistet, die den Menschen auch Stolz und Würde gibt“, sagt die Leiterin. Ein weiteres Projekt hilft Frauen im Slum in Patna im Bundesstaat Bihar, sich als Straßenhändlerinnen gewerkschaftlich zu organisieren, gegen Korruption und Räumungen zu stellen. „Die Spenden an Misereor kommen an“, das hat die Rudertingerin, die inzwischen in München lebt, mit eigenen Augen gesehen. Das Hilfswerk trägt als Organisation mit sehr geringem Verwaltungsaufwand das Spendensiegel „DZI“ des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen – quasi das Gütesiegel für seriöse Spendenorganisationen.

Derzeit reist Barbara Schmidt aber durch Bayern, um ihre Ansprechpartner in den Diözesen kennen zu lernen, wie die Passauer Weltkirche-Referentin Christine Krammer und die Misereor-Partnerschule, das Gymnasium Leopoldinum. Außerdem wird die Fastenaktion 2018 mit Indien vorbereitet, deren bundesweite Eröffnung am 18. Februar in der Münchner Frauenkirche geplant ist. Dabei gehe es um Lebensqualität, Folgen des Klimawandels, fairen Handel – „um globale Vernetzungen und soziale Strukturen für ein gutes Leben für alle“.

Globales Lernen und Solidarität mit den Ärmsten lauten die Ziele, die sich Barbara Schmidt setzt. Ihr Anliegen ist es, das Bewusstsein für die Welt durch Bildungsarbeit, politische und gesellschaftliche Arbeit zu fördern und Zusammenhänge aufzuzeigen. Zum Beispiel in der Landwirtschaft oder beim Klimawandel, „der Menschen in ihrer Existenz bedroht, während wir umgekehrt auf hohem Niveau leben“. Armutsfragen hängen mit Umweltfragen eng zusammen, weiß sie: „Das hat etwas mit Haltung zu tun, mit Maß halten und der Frage, wie viel genug ist.“ Antworten darauf gebe das Christentum, sagt die 33-Jährige. „Auch andere Religionen bieten Ansätze.“

Barbara Schmidt wünscht sich einen konstruktiven Dialog zum Thema „weniger ist mehr“. Die Grenzen des Wachstums seien längst erreicht, die Menschen in armen Ländern würden enorm unter „unserer Art des Wirtschaftens leiden, die Ressourcen zerstört, statt nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu fördern und Mobilitätsgewohnheiten umzustellen“. Doch auch hierzulande prägten Stress, Leistungsdruck und knappe Löhne viele Alltage. „Maßhalten bedeutet nicht, dass das Leben ärmer wird. Es verändert sich vielmehr: In den Mittelpunkt rücken Gemeinschaft, Solidarität und Teilhabe, Schönheit der Natur.“

Und was bleibt von 60 Jahren Misereor, das heuer gefeiert wird? „Das katholische Werk hat mit zahllosen Projekten Menschen Hilfe zur Selbsthilfe geboten. Es geht um politische Lobbyarbeit für die Ärmsten, um in Politik, Wirtschaft und Kirche einen Bewusstseinswandel zu erreichen, eingefahrene Strukturen aufzubrechen. Misereor gibt den Unterdrückten eine Stimme, um Gerechtigkeit in der Welt zu erreichen“, sagt Barbara Schmidt.

 

Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer

 

Dafür sei die Unterstützung vieler Menschen nötig, denn die Schere zwischen Arm und Reich klaffe überall immer weiter auseinander. „Es kommt auf jeden Einzelnen an, Missstände anzusprechen, sich politisch und in Eine-Welt-Kreisen zu engagieren, beim Einkaufen regionale, nachhaltige Produkte zu nehmen bis hin zum Hinterfragen des eigenen Lebensstils und Arbeitens.“

Dabei geht es ihr um Achtsamkeit, „sich als Teil des blauen Planeten zu verstehen. Zu erkennen, dass die eigenen Taten, auch wenn sie klein sind, Auswirkungen auf das Ganze haben“. Die 33-Jährige lässt sich von einem Satz frei nach Papst Franziskus leiten: „Gehen wir mutig voran, trotz der vielen Gewalt und Zerstörung gibt es sehr viel Schönheit, Gutes und Gemeinschaft auf der Welt.“

 

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